Deutsch von Utta Reich-Schottky (e-mail: utta@reich-schottky.de)
Aus: Stillzeit. Die Fachzeitschrift der AFS, Ausgabe 1/2004.
Homepage der AFS: www.afs-stillen.de
Viele Mütter werden wieder schwanger, während sie noch stillen. Sie stehen vor der Frage, ob das Stillen eine Fehlgeburt oder Frühgeburt auslösen kann oder ob sie ohne Gefährdung des Ungeborenen weiterstillen können. Hilary Flower ist dieser Frage nachgegangen.
Now infants can get
all their vitamin D
from their mothers’ milk;
no drops needed with
our sponsor's
TheraNatal Lactation Complete
by THERALOGIX. Use PRC code “KELLY” for a special discount!
Stillen und Kontraktionen
Stimulierung der Brustwarzen führt zur Ausschüttung von Oxytocin. Das Oxytocin löst nicht nur den Milchspendereflex aus, sondern auch Kontraktionen der Gebärmutter. Alle Frauen haben während des Stillens Gebärmutterkontraktionen, die allerdings normalerweise so schwach sind, dass die Frauen sie nicht bemerken. Durch Stimulierung der Brustwarzen am Geburtstermin kann der Muttermund zum Reifen gebracht und nach Einsetzen der Geburt die Wehentätigkeit verstärkt werden. Nach der Geburt unterstützt das Stillen äußerst wirksam die Rückbildung der Gebärmutter.
In Anbetracht dieser Zusammenhänge scheint es nur ein kleiner Schritt zu der Annahme zu sein, dass das Stillen vorzeitige Wehen auslösen könne. Diese Frage verdient eine medizinische Studie, aber bis heute haben wir keine – es ist wichtig, diese Tatsache im Auge zu behalten. Vorläufige Daten weisen darauf hin, dass das Stillen und gesunde Geburten reifer Kinder sich vertragen. Sherrill Moscona hat 1993 eine Erhebung an 57 kalifornischen Müttern durchgeführt. Sie kam zu dem Ergebnis, dass das Stillen keine ersichtlich negativen Auswirkungen auf die Schwangerschaften hatte. Darüber hinaus gibt es unzählige Fallberichte von Müttern, die die Schwangerschaft hindurch gestillt und gesunde reife Babys geboren haben. Es liegt im Wesen der Schwangerschaft, dass sie sich nicht immer so entwickelt wie erhofft, ob die Mutter nun stillt oder nicht. Deshalb haben stillende Mütter ihren entsprechenden Anteil an Fehl- und Frühgeburten.
Die meisten Mütter spüren während des Stillens keine Kontraktionen, auch nicht während der Schwangerschaft (in Mosconas Erhebung 93%). Selbst bei denjenigen, die heftige „Still-Kontraktionen“ erleben, hören die Kontraktionen oft rasch auf, wenn das Kind nicht mehr saugt. Wie die Braxton-Hicks Kontraktionen stören die Still-Kontraktionen die Schwangerschaft normalerweise nicht. Woran mag das liegen?
Die geschützte Gebärmutter
Erstens wird während einer Schwangerschaft als Reaktion auf eine Stimulierung der Brustwarzen weniger Oxytocin ausgeschüttet als außerhalb der Schwangerschaft.
Vor allem aber reagiert die Gebärmutter während der 38 Wochen „Frühgeburtszeit“ nicht auf jede kleine Oxytocin-Auschüttung. Selbst eine hohe Dosis von synthetischem Oxytocin (Pitocin) führt vor der Geburtsreife kaum zum Einsetzen der Geburt.
Stattdessen muss sich die Gebärmutter aktiv auf den Geburtsbeginn vorbereiten. Man könnte es so formulieren, dass die Gebärmutter zwei verschiedene Zustände einnehmen kann: den ruhigen Zustand des „Baby-Haltens“ und den aktiven Zustand des „Baby-Gebärens“. Der jeweilige Zustand entscheidet darüber, wie die Gebärmutter auf Oxytocin und, so darf man vermuten, auf das Stillen reagiert. Während das Baby wächst, ist die Gebärmutter auf eine gedämpfte Reaktion auf Oxytocin eingestellt. Bei der Geburtsreife bereitet sich der Körper auf die Geburt vor, und dabei wird die Gebärmutter so verändert, dass sie auf Oxytocin stark reagiert.
In der Gebärmutter gibt es Zellen mit Oxytocin-Rezeptoren, die das Oxytocin binden und Kontraktionen auslösen. Bis zur 38. Woche sind sie dünn gesät, danach nehmen sie langsam zu, und nach Beginn der Geburt nehmen sie auf das 300fache zu. Der relative Mangel an Oxytocin-Rezeptoren ist eine der Hauptverteidigungslinien, um die Gebärmutter während der ganzen vorgeburtlichen Zeit ruhig zu halten – aber es ist nicht die einzige.
Für eine starke Reaktion der Oxytocin-Rezeptoren müssen sogenannte „Brücken-Proteine“ („gap-junction proteins“) anwesend sein. Solange sie fehlen, bleibt die Gebärmutter relativ unempfindlich gegen Oxytocin, selbst wenn die Rezeptorendichte groß ist. Und natürliche Oxytocin-Hemmstoffe, insbesondere Progesteron, blockieren die Oxytocin-Rezeptoren während der gesamten Schwangerschaft.
Solange die Oxytocin-Rezeptoren dünn gesät, unempfindlich und durch Progesteron und andere Gegenspieler des Oxytocins blockiert sind, kann Oxytocin allein die Geburt nicht auslösen. Die Gebärmutter ist im Zustand des „Baby-Haltens“, gut geschützt gegen vorzeitige Geburtsbestrebungen.
Eine abwägende Herangehensweise
Nur direkte Untersuchungen können uns wirklich sagen, ob Stillen das Risiko für Fehl- oder Frühgeburten erhöhen kann. Die vorliegenden Untersuchungen geben Anlass für begründeten Zweifel, dass Stillen die Geburt auslösen kann, bevor der Körper sowieso schon mit der Geburtsvorbereitung begonnen hat. Mit zunehmender Erfahrung ist aus vielen renommierten Quellen zu hören, dass das Stillen bei einer gesunden Schwangerschaft sicher ist, einschließlich der Amerikanischen Akademie der Familien-Ärzte und Ruth A. Lawrence in dem Buch Breastfeeding: A Guide for the Medical Profession.
Komplizierte Schwangerschaften erfordern kompliziertere Entscheidungen, aber auch hier kann das Abstillen oft vermieden werden. Hilary Flower hat mit vielen Müttern korrespondiert, die bei Risikoschwangerschaften oder sogar drohender Frühgeburt weiter gestillt und gesunde reife Babys geboren haben. Manchmal scheint selteneres Stillen oder Abstillen die beste Lösung zu sein; jede Mutter entscheidet sich anders.
Wie in jeder anderen Schwangerschaft sollte die Mutter auf Anzeichen für vorzeitige Wehen achten. Wenn die Mutter Kontraktionen spürt, die sie beunruhigen, sollte sie den Stillvorgang abbrechen und sehen, ob die Kontraktionen aufhören.
Bei der Entscheidung über Stillen während einer Schwangerschaft muss jede Mutter ihre verschiedenen Möglichkeiten, ihre Gefühle und ihre körperlichen Signale ergründen. Hilary Flower schließt mit der Aufforderung: Habe das Selbstvertrauen, dass du die für deine Familie beste Entscheidung triffst.
Reprinted with permission from Hilary Flower. Copyright © 2003 by Hilary Flower. Adapted from Adventures in Tandem Nursing © LLLI 2003. No portion of this text may be copied or reproduced in any manner, electronically or otherwise, without the express written permission of the author.
Adapted from |